Druiden und Gerechtigkeit

Anfang Juni ging die Bewegung Black lives matter um die Welt. Auch wenn die Bewegung davon handelt, das Leben von Schwarzen Mitbürgern in der USA aufzuwerten, so macht sie uns auch unsere eigene Fremdenfeindlichkeit bewusst. Und genau so wenig, wie ein weißer Amerikaner sein Leben gegen das eines Schwarzen eintauschen will – aufgrund der auszuhaltenden Diskriminierungen, so werden wir auch wenig Deutsche finden, die ihr Leben mit dem eines ausländischen Mitbürgers eintauschen wollen – auch wegen den Benachteiligungen, die auf einen zukämen. Solange diese Ungerechtigkeit existiert, sollten wir sie uns auch bewusst machen und so handeln, dass mehr Gerechtigkeit in unser aller Leben Einzug halten kann. Philip Carr-Gomm hat im Juni 2020 den Tea with a Druid nr 128 aktuell zu dem Thema gestaltet und den Inhalt auch auf seinen Blog gestellt. Wir haben von ihm die Erlaubnis, den Text zu übersetzen und zu veröffentlichen.
Call for Justice in the US and everywhere
Aufruf zur Gerechtigkeit – in den USA und auf der ganzen Welt
Im Druidentum haben wir ein Gebet, das wir oft zusammen rezitieren, wenn wir in einem großen Kreis in Stonehenge oder auf dem Glastonbury Tor stehen. Es ist als Druidengebet bekannt und wurde vor etwas mehr als 200 Jahren von einem Waliser namens Iolo Morganwg geschrieben. Die Version, die wir im Orden der Barden, Ovaten und Druiden verwenden, lautet so:
Gewähre uns, o Gott/Göttin/Geist, Deinen Schutz,
und im Schutz, Stärke
und in der Stärke, Verstehen
und im Verstehen, Wissen
und im Wissen, das Wissen um die Gerechtigkeit
und im Wissen um die Gerechtigkeit, die Liebe zu ihr
und in der Liebe zu ihr, die Liebe zu allem Lebenden
und in der Liebe zu allem Lebenden, die Liebe zum Gott/Göttin/Geist
und allem Guten.
Wenn Du eine große Gruppe dies gemeinsam sprechen hörst, entsteht gleich am Anfang schon ein Durcheinander. Einige sprechen „Gewähre uns, o Geist“, andere „Gewähre uns, o Göttin“, wieder andere sagen „Gott und Göttin“ und die nächsten „o Götter“ oder „o Großer Geist“. Aber dieses Chaos ist gut. Im Druidentum gibt es keine Dogmen – keine vorgeschriebene theologische Einstellung. Wir feiern diese Vielfalt. In den folgenden Zeilen wird die Einheit bald wiederhergestellt, und das Durcheinander kehrt erst am Ende zurück, wenn die Gottheit oder der Geist erneut angerufen wird.
Einige Leute finden die Verwendung des Begriffes „Gerechtigkeit“ in diesem Gebet nicht gut. Es läßt Bilder entstehen von Autorität – von aggressiver Polizeiarbeit. Aber das haben sie mißverstanden – man kann es nirgendwo deutlicher sehen, als wenn wir uns anschauen, was vor ein paar Tagen in Minneapolis passiert ist, als ein Polizist einen Mann dreist auf der Straße ermordet hat, ohne sich von dem Wissen beirren zu lassen, daß er gefilmt wurde, und daß ihn andere Menschen aufgefordert haben, aufzuhören.
Gerechtigkeit ist das Grundrecht eines jeden Menschen und das ist der Grund für die heftige Reaktion auf diese entsetzliche Tat. Rassengerechtigkeit, Klimagerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit. Die moderne Druidenbewegung steht für diese Werte und ich bin stolz darauf, daß einer unserer Gründungsmitglieder, Iolo Morganwg, diese Zeilen des Druidengebetes geschrieben hat. Ich bin ebenfalls stolz zu wissen, daß er ein Geschäft führte in Cowbridge im Tal von Glamorgan in Wales, wo am Eingang ein Schild hing, daß der Zucker, den er verkaufte, von Plantagen stammte, auf denen keine Sklaven beschäftigt waren. Er lehnte auch ein Erbe seiner Brüder ab, weil auf deren Plantagen in Jamaika Sklaven arbeiten.
Druiden beten für das Wissen um Gerechtigkeit und die Liebe dazu. Sie beten auch für den Frieden. Nachdem sie in einem Druidenritual Frieden alle vier Himmelsrichtungen gesandt haben, sagen alle im Kreis gemeinsam – egal welche Hautfarbe, welches Geschlechts, welche Rasse und welches Alter: „Möge überall auf der Welt Frieden sein.“
Weiterführende Informationen findet der Leser hier:
Link für den Blog:
Link für youtube (tea with a druid)