Der Seelengarten
Diese kleine Geschichte beschreibt meinen Prozess während des Badenkurses.
Ich habe sie genau so erlebt und durchfühlt. Natürlich ist der Inhalt stark gekürzt.
Ich hoffe, dass Sie aufzeigen kann, wie sehr unser Innenleben unsere Außenwelt spiegelt.
In meiner Geschichte ist es der echte Garten, der meinen Seelengarten darstellt.
Auch wenn die Geschichte kurz und schnell zu lesen ist, so wünsche ich mir, dass auch
andere sie für ihren Prozess nutzen können.
Von Einhörnern und Kobolden
Es ist ein Weg.
Ein Weg durch einen dunklen und zugleich verzauberten hellen Wald.
Ein Spiel aus Schatten und Licht, welches durch die Äste der Bäume gespiegelt wird.
Ein Wald, in dem es von Kobolden lauert, die einen in die Irre führen wollen.
Mit Lichtungen, an denen man das Einhorn sucht und auch ab und an begegnet, um dann
festzustellen, dass das Einhorn von einem Kobold geritten wird.
Die Freundschaft mit dem Kobold schließen, mit ihm lernen das Einhorn zu reiten, sich
führen zu lassen und es halten zu können.
Frieden damit schließen, dass genau das die Seele ausmacht. Die Erkenntnis ein
Lernender und zugleich Lehrender für Andere zu sein.
Sich einen Garten erträumen
Als ich in meine neue Heimat zog, kannte ich kaum jemanden. Ich ging viel spazieren,
meist die gleiche Runde, entlang des Kanals, über eine kleine Brücke. Dort lagen einige
Schrebergärten. Zwar lagen diese dicht an dicht nebeneinander, aber mir gefiel, dass sie
teilweise sehr verwachsen und bunt waren. Ohne große Struktur oder Regeln. Das
faszinierte mich, wo ich doch ursprünglich aus einem Ort kam, wo die Gärten nach
bestimmten Regeln gepflanzt wurden. Kreativität Fehlanzeige!
Ich erträumte mir, wie gerne ich doch so einen Garten hätte. Es fühlte sich manchmal so
an, als wäre dieser Garten schon da und doch schwang da immer diese Sehnsucht mit.
Mir war klar, dass es quasi unmöglich war, in einer Stadt in der ich wohnte einen solchen
Garten zu bekommen. Ich schaute zwar ein paar Anzeigen durch, verwarf die Suche dann
jedoch wieder.
Schließlich beschloss ich, mich nicht weiter damit zu beschäftigen und meine Gedanken an den Garten ließ ich los. Immer wenn ich an den Gärten vorbei ging freute ich mich für die Menschen die einen besaßen und träumte weiterhin vor mich hin.
Wenn das Leben die Führung übernimmt
Zwei Jahre später sagte mir eine Bekannte, dass sie einen Garten nutzen dürfe, der ganz
in meiner Nähe liegen würde, sie aber kein Interesse hätte, da er zu weit weg sei.
Ungläubig und es einfach für unmöglich haltend, ging ich der Ortsbeschreibung nach und
machte mich auf den Weg den Garten zu suchen. Der Garten lag ganz in der Nähe der
Schrebergärten, zwischen einem Feld und einem kleinen Eichenwald, der an einer kaum
befahrenen Straße lag. Genau auf meiner Spaziergehrunde.
Der Garten war viel größer als alle anderen Gärten die ich zuvor gesehen hatte. Es war
ein wilder Garten, als ich ihn das erste Mal betrat. Es war kein Garten, es war ein Wald. Es
war ein wilder Gemeinschaftsgarten in dem schon lange niemand mehr war. Bäume über
10 m hoch, ein Bauwagen, der schon lange nicht mehr genutzt wurde und eine verrottete
Feuerstelle. Keine Blume wuchs dort, nur Brennnesseln und Farn, soweit das Auge reicht.
Der Garten war unscheinbar und nicht zu erkennen. Voll mit Unkraut, Brennnesseln und
stechenden Brombeeren. Fast schon undurchdringbar.
Die Bearbeitung des Seelengartens
Was ich eigentlich mit dem Garten vor hatte, wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass er
bearbeitet werden musste. Dass es hart wird, aber auch viel Freude bringen wird. Und so
fing ich an, alle paar Tage, manchmal auch alle paar Wochen den Garten zu bearbeiten.
Ob ich den Pachtvertrag bekam wusste ich nicht. Kritische Stimmen kamen von allen
Seiten und vor allem von mir. Lohnt es sich den Wald in Angriff zu nehmen? Bald soll hier
angeblich Bauland werden, so heißt es seit 20 Jahren. Gleichzeitig gestaltete sich in
meinem Kopf ein heiliger Hain. Einen Plan hatte ich jedoch nicht. Stolz wie eh und je
zeigte ich meiner Mutter diesen Garten „Was willst du denn damit? Da wächst ja eh nichts.
Das ist viel Arbeit“. Mein Vater sagt „Ein Garten? Das ist ein Wald, das wird Jahre dauern
und dann wird er abgerissen. Lohnt sich nicht damit überhaut anzufangen“.
Meine seit der Kindheit eingebrannten Glaubenssätze, mähte ich mit einer
Motorheckenschere nieder, genau wie die hohen Brennnesseln, die mir den Weg
versperrten. So mähte ich mir Wege in den Garten, um mich erstmal ein wenig orientieren
zu können. Stück für Stück wühlte ich mich durch den Garten. Ich legte immer mehr frei,
überwand die Zweifel zu viel freizulegen, überwand die Ängste, was denn die Nachbarn
denken könnten. Das schlechte Gewissen die wilden Tiere zu verschrecken. Die ständige
Angst im Nacken nicht den Pachtvertrag zu kommen, dass ich mich nicht mit der
Mitpächterin verstehen könnte und und und…
Ich lernte meine Mitpächterin und ihren Bauwagen kennen. Sie war schon länger nicht
mehr in dem Garten gewesen, da auch sie nicht wusste, ob der Garten zu Bauland
werden würde. Es plagten Sie ähnliche Sorgen. Wir verstanden uns auf Anhieb. Wir saßen
am Lagerfeuer, sangen zusammen, interessierten uns für ähnliche Themen. Sie war froh,
dass jemand im Garten arbeitet. Sie war eher die Genießerin. Ich die Arbeiterin. Es
passte.
Ich bekam den Pachtvertrag und gleichwohl die Ansage des Pächters, dass die Bäume zu
hoch seien. Meine Auflage wäre die Bäume auf 3 m zu kürzen. Ich müsse die
Verantwortung und die Kosten dafür tragen. Ich bekam Panik, wusste nicht wie ich es
schaffen soll. Wer soll das zahlen, wo soll das ganze Holz hin. Werde ich an dem Garten
zu Grunde gehen? In finanzielle Not geraten, den Tieren ihr Zuhause entziehen? Meine
kindlichen Ängste durchfühlend und bearbeitend hatte ich plötzlich einen handwerklich
begabten Freund an meiner Seite, der mit Kettensäge bewaffnet in den Bäumen saß.
Nach ein paar Wochenenden Arbeit waren die Auflagen des Pächters erfüllt. Ich
durchlebte Schuldgefühle wegen der gekürzten Weiden, Eichen und Birken und auch der
Tiere. Wir fingen an Nistkästen anzubringen, die sich binnen kürzester Zeit füllten. Es
zwitscherte überall und das Leben kehrte zurück. Die Bäume, nun zwar deutlich kürzer
bildeten schnell Äste aus. Sie wurden buschig und boten so noch mehr Platz für Tiere und
ihre Verstecke. Die ganzen Ängste waren somit unbegründet.
Es kam ein neuer Mitpächter dazu. Seine Vorstellung war es, einen typisch deutschen
Schrebergarten aus unserer wilden Oase zu machen. Singen am Lagerfeuer fand er
albern, Hochbeete sollten überall stehen, die Feuerstelle wird abgerissen und eine
Feuerschale hingestellt. Wir waren entsetzt. Wütend über den neuen Nachbarn der bald
anfangen wollte seine Vorstellungen umzusetzen. Wir waren bereit, einen hohen Zaun zu
seiner Grundstücksgrenze aufzustellen, auch wenn das hieß einen Teil des Gartens zu
verlieren. Es kam wie es kommen musste und er fing nie wirklich an im Garten zu
arbeiten. Sein Bereich im Garten wildert weiterhin vor sich hin.
Dann sah ich sie, große Löcher im Boden, Rattenlöcher… Wochenlang grämend und
fluchend, ständig die Bauten zerstörend, lief ich durch den Garten. Ich hoffte sie
wegzujagen und es ihnen möglichst unbequem zu gestalten. Irgendwann entschloss ich
mich eine Gießkanne voll Wasser in den Bau zu schütten und die Ratten so zu verjagen.
Da sprang aus einem kleinen Seitenbau eine kleine Waldmaus. Panisch saß sie im
Gebüsch. Eine weitere Maus schaute mir sekundenlang aus dem Bau mit ihren
Kulleraugen an. Ich fühlte mich schlecht. Ab diesem Zeitpunkt, entschied ich dem Garten
zu vertrauen. Es war ein tiefes Vertrauen in den Garten und gleichzeitig auch in mich, dass
alles so kommen wird wie es soll und alles genau so wie es ist, richtig ist. Und die Löcher
in meinem Garten verschwanden schließlich auch.
Der magische Ruf der Naturwesen und der Seele
An einer Stelle des Gartens sah ich einige Steine unter einer großen Ansammlung von
Brombeeren und Brennnesseln. Es war mühsam alles zu entfernen. Doch es lohnte sich.
Ich legte eine wunderschöne große Steinspirale frei. Gleich ein paar Wochen später nutzte
ich sie für ein kleines Übergangsritual das ich bei einer Freundin durchführte.
Ich fing an mich mit den verschiedenen Vögeln, die in meinem Garten lebten
auseinanderzusetzen. Die Kohlmeisen Familien die dort wohnten, der stattliche Fasan der
in meinem Garten lebt, der Zaunkönig der seine Behausung unter dem großen Buxbaum
hat und auch das Rotkehlchen, das sein Revier verteidigt. Ich begann damit die Tiere zu
zeichnen und zu fotografieren. Vor allem malte ich Vögel mit ihren besonderen
Eigenschaften, sowie als Botschaftstier. Es kamen immer mehr interessante Vögel dazu
oder kamen in mein Bewusstsein. Ich wurde feinfühliger für ihr Verhalten. Merkte die
Unruhe, als ein Raubvogel auf einen Baum gegenüber des Gartens neben dem Feld
einzog. Diese Begegnung war eine ganz besondere. Ich beobachtete diesen Raubvogel
von weiten. Ich verband mich auf Seelenebene mit ihm und fragte ihn ob er nicht mal
näherkommen möchte, damit ich ihn erkennen kann. Dann flog er genau auf mich zu,
umkreiste mich mit ca 3 m Abstand und schaute mir dabei tief in die Augen. Es war ein
Turmfalke. Es kamen immer mehr Tiere dazu. Ein Schwanzmeisenpaar baute sich ein
Nest aus Moosen und Flechten in einem Buxbaum neben der Birke und polsterte es weich
mit Fasanen- und Taubenfedern aus. Auch ein Weidenmeisenpaar begann mit dem
Nestbau und war die erste Zeit etwas verärgert darüber, wenn ich im Garten war. Doch
auch diese beiden gewöhnten sich an mich. Das Eichhörnchen freute sich riesig über die
Walnüsse die ich heimlich im Garten versteckte.
An einem kalten Wintertag lag ein toter Mäusebussard verhungert vor meinem Garten. Er
fiel einfach so vom Baum. Ich wollte ihn nicht einfach nur begraben. Er hatte was
Besseres verdient. So symbolisierte er doch, dass etwas Altes in mir sterben durfte. Ich
beschloss, seine Flügel in Ehren zu halten und sie als Räucherfächer zu verwenden. Ich
besorgte Rosen, Räucherzeug und erwies ihm die letzte Ehre und gestaltete eine
Feuerzeremonie für ihn.
Nach und nach setzte ich mich auch mit der Pflanzenwelt auseinander. Ich fand immer
mehr gefallen darin, einen wilden Gemeinschaftsgarten zu erhalten und sah darin das
natürliche Zusammenleben von Menschen und Naturwesen.
Die Natur als Spiegel der Seele
Meine Gartengeschichte, ist gleichzeitig ein Spiegel meiner Seele. Sowohl der
unkontrollierte, verwilderte Garten, als auch die wunderbaren Fügungen, die ich während
des Prozesses durchlebte und immer noch durchlebe. Wenn wir unsere Glaubenssätze
bearbeiten und unser Potential freilegen, symbolisch unseren „Seelengarten“ wird uns so
viel zu Teil werden. Es geht einzig und allein um die Rückverbindung mit uns selbst. Um
das Zusammenleben von Mensch, Tier und Umwelt.
Und ja, es wird die Brennnesseln und Brombeeren immer in einem Garten geben und
auch den Girsch, der alles überdeckt, wenn man ihn nicht gelegentlich ausdünnt. Aber
genau das macht es aus. Das Zusammenspiel, die Pflege, die gegenseitige
Unterstützung. Denn dann kommt in dem Moment genau die richtige Person, oder der
Turmfalke der sich die Ratte holt.
Genauso ist es auch in unserem Leben. Da gibt es die Person die uns scheinbar bedroht,
den Glaubenssatz der uns zweifeln lässt. Doch mit dem Vertrauen und der Annahme
können wir es schaffen unsere Prozesse mit Freude zu meistern. Denn dann geschehen
Wunder und Fügung. Unser Potential und unser Wesen wird sich entfalten.
Und wenn dann wirklich noch ein schöner, wilder Garten dabei rumkommt, umso besser.