Seedgroup-Treffen in Zeiten der Pandemie

Ist das Druidentum eine Glaubensrichtung?Und wie bekannt ist bei deutschen Behörden Naturspiritualität? Sogenannte Hecken-Druiden haben es leicht in dieser Zeit.  Das Corona-Virus macht für sie keinen Unterschied, der Wald und die Wiese stehen ihnen die ganze Zeit frei, um ihre Spiritualität alleine für sich auszuüben (was einen Hecken-Druiden nun einmal ausmacht, diesen Pfad Solo zu…

Ist das Druidentum eine Glaubensrichtung?Und wie bekannt ist bei deutschen Behörden Naturspiritualität?

Sogenannte Hecken-Druiden haben es leicht in dieser Zeit. 

Das Corona-Virus macht für sie keinen Unterschied, der Wald und die Wiese stehen ihnen die ganze Zeit frei, um ihre Spiritualität alleine für sich auszuüben (was einen Hecken-Druiden nun einmal ausmacht, diesen Pfad Solo zu gehen). Eine ungemein hilfreiche Gegebenheit für Druiden im deutschsprachigen Raum generell, dass im Gegensatz zu Spanien oder Italien das Wandeln im Wald zu jeder Pandemie-Zeit möglich war, sei es als „sportliche Bewegung“ getarnt. Die allein-wandelnden Hecken-Druiden mögen vielleicht nicht ganz so glücklich dort gewesen sein, da der Wald plötzlich doch recht voll war mit Menschen aller Art, die die Freiheit in der Natur für sich neu oder wiederentdeckten. Noch weniger glücklich waren vermutlich alle gemeinschaftsliebenden Druiden, die nun seit langem wieder ihre Barden-Hefte hervorgekramt haben – wie ging das noch mal mit dem Solo-Ritual? Das Feiern der für unsere Spiritualität das Herz bildenden Jahreskreisfeste in der Gemeinschaft wurde von den meisten Druiden ebenso schmerzlich vermisst, wie von Christen der Sonntagsgottesdienst oder von Muslimen das Freitagsgebet. Versuche mit virtuellen Seedgroup-Ritualen wurden als „interessante Erfahrung, aber auf Dauer ist das nix“ beschrieben. Es schmälert dann doch die spirituelle Besinnung, wenn bei Zoom mal wieder ein Teilnehmer im virtuellen Raum verschwindet, bevor das Awen beendet ist.

Zwischen Imbolc und Beltane lag also eine dreimonatige spirituelle Durststrecke. Nahe Beltane zeigten einige Ministerpräsident/innen Einsehen und selbst König Markus konnte sich der katholischen Aufruhr in Bayern (Protestanten oder gar andere Glaubensgemeinschaften werden dort ja sonst gerne unter den Tisch der Existenz gekehrt) nicht mehr verschließen und erklärte: „Ja, öffentlich zugängliche Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sind unter bestimmten Voraussetzungen ab 4. Mai zulässig.“ https://www.innenministerium.bayern.de/miniwebs/coronavirus/faq/index.php

Die bestimmten Voraussetzungen sind schnell geklärt mit dem Wort „Hygienekonzept“.

Aber dann wird es spannend: Ist eine Seedgroup oder ein Grove des modernen Druidentums eine Glaubensgemeinschaft? Ist ein Ritual im Wald ein öffentlich zugänglicher Gottesdienst? Oder ganz platt gefragt: Dürfen wir das in Corona-Zeiten, uns als Seedgroup zu treffen?

Neben der Beantwortung dieser Frage, die dieser Blog versucht vorzunehmen, öffnete sich mit der Corona-Zeit auf einmal ein ganz neues Feld: Naturspiritualität, modernes Druidentum, Heidentum, in die Welt der behördlichen Aufmerksamkeit zu bringen – und vielleicht sogar darüber hinaus. Auf einmal wagen sich Druiden aus ihrem Hain hinaus und präsentieren sich selbstbewusst in der Öffentlichkeit. Zumindest in Bayern ein spannendes Unterfangen, da kann es noch passieren, dass Du, wenn Du im Dorfgasthaus über dein Interesse an Heilkräutern redest, zu hören bekommst „Do hast ja Glück, vor a paar Hundert Jahren wär so eine wie Du no verbrannt worn“ (Kein Witz).

Doch zurück zu Beltane. Die Noreia-Seedgroup Bayern, zahlenmäßig eine der grössten Seedgroups im deutschsprachigen Raum beschließt, den Spielraum auszuloten und eine Beltane-Feier zu machen, wie sich das für Druiden gehört unter freiem Himmel. Bettina vomBaum hat ein passendes Grundstück im Grossraum Nürnberg, etwas abgelegen, aber dennoch an einer kleinen Schotterstrasse, so dass mit dem regen Ausflugsverkehr der letzten Monate auf Feldwegen mit vorbeikommenden Spaziergängern und Radfahrern zu rechnen ist. Da das Denunziantentum sich noch stärker als das Virus verbreitet hat, stand die Frage im Raum, wie solch eine Feier denn zu legalisieren ist – unschön, wenn auf einmal 3 Streifenwagen einen Ritualkreis umstellen und den Druidenschwur unterbrechen würden.

Die Tür öffnet sich in Form von Thorsten. Thorsten ist ein Vereinskollege von Seedgroup-Mitglied Petra und Kulturbeauftragter bei der Polizei. Thorsten fällt erst einmal etwas aus den bayerischen Polizeiwolken, als er zum ersten Mal von modernem Druidentum hört und dass seine alte Bekannte Petra dieser Praktik frönt, aber er lässt sich geduldig von ihr erklären, was moderne Druiden so tun und dass dies doch als Glaubensgemeinschaft bzw. Religion zu bezeichnen sein könnte.

Schauen wir uns doch, um Thorsten zu überzeugen, die Definition von Wikipedia an: Eine Glaubensgemeinschaft ist eine Organisation, die die gemeinschaftliche Ausübung einer Religion bezweckt. Die Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft wird als Religionszugehörigkeit bezeichnet. Religion ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Weltanschauungen, deren Grundlage der jeweilige Glaube an bestimmte transzendente (überirdische, übernatürliche, übersinnliche) Kräfte ist,[2] sowie häufig auch an heilige Objekte. Im deutschen Sprachraum wird der Begriff Religion zumeist sowohl für die individuelle Religiosität als auch für die kollektive Religionstradition verwendet.[A 2] Obwohl beide Bereiche im menschlichen Denken eine enorme Vielfalt aufweisen, lassen sich einige universale Elemente formulieren, die in allen Kulturen der Welt anzutreffen sind.[3][A 3] Zusammenfassend sind dies die individuellen Wünsche nach Sinnfindung, moralischer Orientierung und Welterklärung, sowie der kollektive Glaube an übernatürliche Mächte, die in irgendeiner Weise das Leben des Menschen beeinflussen; auch das Streben nach der Wiedervereinigung der diesseitigen Existenz mit seinem jenseitigen Ursprung.[5]

Nach dieser Definition kann man, wenn man das möchte, sagen, dass wir als OBOD-Mitglieder eine Glaubensgemeinschaft glaubwürdig darstellen können. Übrigens ist das moderne Druidentum seit 2010 in Grossbritannien eine anerkannte steuerbefreite Religion, besonders das steuerbefreite macht den Status recht glaubwürdig.

Thorsten denkt kurz nach und erklärt trotz seiner Verblüffung: Jawohl, ein Jahreskreisfest mit der Seedgroup zu feiern, lässt sich als Zusammenkunft einer Glaubensgemeinschaft einstufen. Er würde das von Polizei-Seite nicht als Rechtsverstoss ansehen, solange, natürlich, die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten wären. Da wären ja Druiden im Freien doch im Vorteil, dennoch sollte das Ernst genommen werden, da ja das Landratsamt gegebenenfalls als zuständige Kreisbehörde kontrolliert, ob die Regeln eingehalten werden. Und er ja doch einmal gespannt ist, von Petra mehr über Naturspiritualität erzählt zu bekommen. Und er empfiehlt, zusätzlich zur Anmeldung des Gottes – oder wäre das in diesem Fall ein Götter-Dienst?- das Landratsamt zu informieren.

Beides tut Petra gerne und ruft beim Bürgeramt im örtlichen Landratsamt an. Die Dame dort ist erst einmal ähnlich verblüfft wie Thorsten über Petras Erläuterungen und vermutet zuerst so etwas wie eine versteckte Kamera am Telefon (Originalton: „Wollen Sie mich verarschen??“). Petra bleibt geduldig und erläutert ihr, dass modernes Druidentum eine, ja tatsächlich auch in Bayern, neben dem Katholizismus existierenden Glaubensgemeinschaft ist, wenn auch kleiner als Protestantentum, Buddhismus oder Islam, worauf die Dame vom Landratsamt sagt „ja aber den Islam haben wir hier ja doch nicht“, was Petra ziemlich erheitert und die Seedgroup, der sie das wenig später erzählt, ebenfalls. Jedenfalls hört sich auch die Dame am Landratsamt an, dass Druidentum, wie Wicca eine neureligiöse Bewegung ist, die dem Neopaganismus zuzuordnen ist. Es versteht sich als neu gestaltete, naturverbundene Spiritualität und als Mysterienreligion.[3] Um eine Mysterienreligion handelt es sich in dem Sinne, dass auch auf die Erkenntnis des eigenen Lebens und innere Transformation Wert gelegt wird. In jüngerer Zeit hat sich der Begriff der neureligiösen Bewegung etabliert, wobei dieser

unscharf auch für Strömungen verwendet wird, die sich in der Öffentlichkeit nicht als Glaubensgemeinschaften darstellen. Eine besonders in englischsprachigen Ländern stark vertretene Bewegung ist der Neopaganismus. Der englische Historiker Ronald Hutton schätzte die Zahl der Anhänger dieser Bewegung im Jahre 1999 im Vereinigten Königreich auf 250.000 Menschen.[5] Wicca und verwandte Bewegungen (wie das Druidentum) sind in Deutschland die größte neuheidnische Richtung. Die Druiden waren eine kultische und geistige Elite in der keltischen Gesellschaft und Mythologie. Sie gelten als wichtigste Personen des Kultpersonals der keltischen Religion.

Danach denkt die Dame am Landratsamt wie Thorsten kurz nach und bescheinigt Petra, dass eine Seedgroup mit dem Zweck, Naturspiritualität auszuüben, eine Glaubensgemeinschaft darstellt, ein Jahreskreisfest die Definition eines religiösen Treffens erfüllt und unter den gerade geltenden Auflagen stattfinden kann . Diese sind:

Im Freien beträgt die Höchstteilnehmerzahl 50 Personen, und es ist grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m zu wahren. Teilnehmer haben in Räumen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Ausgenommen von der „Maskenpflicht“ sind das liturgische Sprechen und Predigen. Der Gottesdienst oder die Zusammenkunft wird auf höchstens 60 Minuten beschränkt. Es muss ein Infektionsschutzkonzept geschrieben werden für Gottesdienste oder Zusammenkünfte, das die je nach Glaubensgemeinschaft und Ritus möglichen Infektionsgefahren minimiert. Das Infektionsschutzkonzept ist auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen.“  

Quelle https://www.innenministerium.bayern.de/miniwebs/coronavirus/faq/index.php

Das wurde dann von der Noreia-Seedgroup, die sich am 8.5. in Altdorf wahnsinnig freute, endlich wieder gemeinsam mit 12 Mitgliedern zu feiern, im Ritual wie folgt umgesetzt:

Im Kreis sind vor Betreten bereits die passende Zahl an 1,5 m langen Haselnuss-Steckenfür alle Teilnehmer ausgelegt, was einen ordentlich grossen Kreis ergibt – ein Durchmesser von ca 9-10 m bei 12 Teilnehmern reichte so eben. Das Räuchern zu Ritualbeginn ist jetzt offiziell zwar keine Hygienemaßnahme, sondern eine kultische Handlung, schaden tut es aber sicherlich auch nicht, wie wir schon von den Pesträucherungen wissen . Jeder Druide betritt den Kreis im üblichen Ritus, sucht sich einen Platz zwischen zwei Stecken und zu den üblichen Stellen im Ritual ergreift jeder zwei Enden zweier Haselruten und die Kreisenergie fliesst auch so. Seife und Desinfektionsmittel stehen auch bereit, sowie 1-Mal-Handtücher, zwar nicht so umweltfreundlich, wie wir das gerne hätten, aber akzeptabel in der Ausnahmesituation.

Bleibt noch das Thema Denunziantentum. Da zum ersten Mal auch wieder an einem Samstag Geschäfte geöffnet sind, und dem Konsumgott gehuldigt werden kann, hält sich der Ausflugsverkehr nahe des Ritualplatzes in Grenzen. Zur Sicherheit hat Bettina mehrere Schilder aufgestellt: „Es gibt sie die religiöse Vielfalt in Bayern. Wir sind eine Gemeinschaft, die ein naturspirituelles Jahreskreisfest feiert, das beim Landratsamt angemeldet ist. Wir halten die Hygiene-Vorschriften ein und freuen uns, wenn Sie mehr über Naturspiritualität und das Fest, das wir feiern, unter www.druidry.info nachlesen mögen.“

Ein Herzstück des Rituals war, dass die ganze Gruppe benannt hat, was wir als Druiden aus dieser Corona-Zeit als positive Impulse zur Veränderung in die Welt bringen wollen, welche neuen Chancen sich eröffnen. Es ist viel Bewegendes ausgesprochen worden. Den Wert von Gemeinschaft neu schätzen und sich umeinander kümmern, sich zu unterstützen , dass dies verankert wird, eine neue sozial ausgerichtete Gesellschaft. Dass Natur als der kraftspendender und schützenswerter Ort von einer breiten Masse der Menschen erkannt und wertgeschätzt wird. Dass wir bei der druidischen Toleranz bleiben, auch wenn gerade in dieser Zeit unterschiedliche Meinungen sehr stark triggern und selbst unsere Druidengemeinschaft manchmal an den Rand der Spaltung und Empörung über die „andere“ Meinung anderer OBODies gebracht wird. Dass wir generell in einer Krise uns nicht von der Angst ergreifen lassen, sondern sie als Portal für eine neue Entwicklung begreifen, dass wir im Ritual dann gemeinsam durchschreiten.

Und ja auch, um unsere spritituelle Richtung, egal ob wir sie uns und anderen Menschen gegenüber als Naturspiritualität, keltische Religion, modernes Druidentum oder ähnlich bezeichnen, nun selbst-Verständlich in der Öffentlichkeit benennen. Unseren Platz einnehmen zwischen der Vielfalt aller Glaubensgemeinschaften und Weltanschauungen. Auch gegenüber Behörden, neugierigen Spaziergängern und Obrigkeiten. Und übrigens, auf Wikipedia, in der https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Religionen_und_Weltanschauungen ein Punkt das „Europäisches Heidentum und Neopaganismus“ mit einem Unterpunkt „Druidentum“. Und wie immer bei OBOD gilt, dass wir frei entscheiden können, was wir sein wollen: Eine spirituelle Richtung, eine Glaubensgemeinschaft, eine Religion, eine Weltanschauung, ein persönlicher Pfad der Bewusstseinsbildung…. Und dass wir diese Vielfalt an Möglichkeiten Nutzen, um das, was uns wichtig ist, in die Welt zu bringen, offen zu leben und zu gestalten.

Definition von Begrifflichkeiten entstammen Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Religion und https://de.wikipedia.org/wiki/Glaubensgemeinschaft und dort weiterführenden links.

Hier findest Du die Informationen über OBOD und das moderne Druidentum in deutscher Sprache

OBOD lehrt ein modernes Druidentum. Wir sind ein Orden, in dem Freiheitlichkeit, eine friedvolle Haltung und die Verantwortung für alle Lebewesen dieses Planeten zentrale Werte sind. Gedankengut und eine Haltung, die andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe oder geschlechtlicher Orientierung abwertet und Hass sät, hat hier keinerlei Raum und wird nicht toleriert! Druiden sind Friedensstifter und Weisheitssuchende in einer gleichberechtigten Welt.